Infotafel Mühle

Leben und Wirtschaften im Schmuttertal

Die Schlipsheimer Mühle damals und heute

Die Schlipsheimer Mühle ist eine der vielen Mühlen, die im Zuge der Industrialisierung an Bedeutung verloren und ihren Betrieb aufgrund Unwirtschaftlichkeit einstellen mussten. Sie wurde 1178 erstmal urkundlich erwähnt. Papst Alexander III. bestätigt dabei die Dotation (Schenkung) des Ortes Biberin (Biburg) vom Bistum Augsburg an das Stift St. Moritz in Augsburg. Das Stift bleibt bis 1803 im Besitz der Mühle. Ab 1822 übernimmt die Familie Hartleitner die Mühle und bewirtschaftet sie bis 1976 als Mühle, und bis 2013 als Material- und Maschinenlager für die umliegenden Höfe. 2013 übernimmt die Gemeinde Diedorf das Anwesen und richtet das Umweltzentrum Schmuttertal ein. Neben den Aufgaben zum Management des FFH-Gebiets verschreibt sich das Umweltzentrum dem Bildungsauftrag und bietet Kurse und Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen an. Zu diesem Zweck entsteht auch ein großer Seminarraum.

Die Mühle um 1950
Schlipsheimer Mühle um 1950...
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...und heute.

Die Natur- und Kulturlandschaft des Schmuttertals erfordert einen Managementplan

Die Schmutter schlängelt sich in weiten Bögen durch das Tal mit blütenreichen, kleinteiligen Wiesen und überschwemmt diese regelmäßig. Für Landwirte eine Erschwernis, dafür jedoch ein Garant für einen ökologisch hochwertigen Lebensraum Feuchtwiese. Das Schmuttertal wird schon seit vielen Jahrhunderten bewirtschaftet. Die regelmäßigen Hochwasser ließen allerdings nur eine extensive Nutzung zu. Es entstanden die charakteristischen, artenreichen Flachland-Mähwiesen, die von der EU als schützenswert beurteilt wurden und im Rahmen der FFH-Richtlinie zu bewahren und zu fördern sind.

Neben den Forderungen des Naturschutzes gibt es Forderungen der Bauern und der Bevölkerung zur Nutzung der Auen des Schmuttertals. Diese unterschiedlichen Interessen (Erhalt der Biodiversität, wirtschaftlicher Nutzen, Freizeitraum) machen einen konkreten Managementplan nötig machen. Dabei werden nach Möglichkeit alle Beteiligten gehört.

Das Schmuttertal als Naherholungsgebiet im landwirtschaftlich genutzten Raum

Frische Luft, Naturbeobachtungen, Gassi gehen, ein ausgedehnter Spaziergang oder eine Fahrradtour – die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung in der Natur (vgl. Natursport.info, Lebenswertes Gessertshausen) gefallen vielen Menschen. Selbstverständlich ist das erlaubt. Allerdings sollten die Besucher den Schutzstatus des FFH-Gebiets Schmuttertal respektieren (vgl. Abb.1). Um die Natur und die Felder zu schützen muss auf den Wegen geblieben werden. Es darf nichts entnommen werden (weder Blumen noch Tiere). Hunde sind aufgrund ihres Jagdtriebs anzuleinen. Ein großes Ärgernis für die Landwirte sind die Hinterlassenschaften der Hunde, da die Wiesen gemäht und als Viehfutter verwendet werden. Der Parasit Neospora caninum kann dabei durch Hundekot übertragen werden und zum seuchenartigen Befall einer ganzen Herde (z.B. Kühe oder Schafe) führen – mit dramatischen Folgen für die Tiere und den Landwirt.

 

Die Blühstreifen an den Ufern oder Feldrändern sind mehr als Zierde. Sie dienen den Tieren als Nahrung, Unterschlupf und Brutplatz. Große Anstrengungen waren nötig um diese ökologisch wertvollen Saumstreifen zu erhalten. Daher wäre es mehr als schade, wenn die teils seltenen Pflanzen für einen kurzen Augenblick in einer Vase verschwänden.

FFH Gebiet Hinweistafel
Abbildung 1 Bild einer Hinweistafel, wie sie an je-dem Weg zum FFH-Gebiet Schmuttertal steht. Sie verweist auf das Schutzbedürfnis des Gebietes

Wirtschaften im Schmuttertal

Bereits seit Jahrhunderten wird die Talaue von Menschen genutzt. Dazu wurde ein enges Netz von Gräben angelegt. Durch diese kleinräumige, überwiegend extensive (geringe) Nutzung entstand eine wertvolle Kulturlandschaft, die auch vielen weiteren bedrohten Arten wie z.B., Sumpfschrecke, Laubfrosch und Ameisenbläuling Lebensraum bietet. Gerade die Saumstrukturen am Gewässerrand sind dabei artenreich. Für Mittelschwabens einzigen Naturpark „Augsburg – Westliche Wälder“ ist die Schmutteraue ein kostbares Juwel, das es zu pflegen gilt.

Die landwirtschaftliche Nutzung wird laufend intensiver und die moderne Landtechnik führt zu einer einheitlichen, intensiven Bewirtschaftung großer Flächen. Die oft intensiv-konventionellen Mäharbeiten vom Gewässerrand bis an die Grabenschulter haben z.B. den Schmetterlingsarten immer weniger Rückzugsräume gelassen. Es bleibt immer weniger Raum für extensiv genutzte Wiesen und Saumstrukturen. Viele Arten verlieren dadurch Ihren Lebensraum und drohen auszusterben.

Der Managementplan für das FFH-Gebiet sieht eine ökologisch schonende Grabenunterhaltung mit späten Mahdterminen vor. In enger Absprache mit Landwirten werden so die Bedingungen für die Bläulinge verbessert. Davon profitieren auch andere gefährdete Arten, wie die Sumpfschrecke (Stethophyma grossum), die Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar), die Prachtnelke (Dianthus superbus), der Laubfrosch (Hyla arborea) und der Wiesenpieper (Anthus pratensis).  

Diese Maßnahme ist für Landwirte freiwillig und geht über die gesetzliche Pflicht hinaus.

Professioneller Umweltschutz: Das Biodiversitätsprojekt Schmuttertal

Das Biodiversitätsprojekt Schmuttertal versucht hochwertige Flächen in ihrem wertvollen Zustand zu erhalten, z.B. durch Bewirtschaftungsvereinbarungen mit Landwirten, über Landschaftspflege oder Flächenankauf.         
Ende 2009 wurde die AG Schmuttertal gegründet. Die Allianz aus Naturparkverein Westliche Wälder mit den Kommunen Fischach, Gessertshausen, Diedorf und Neusäß setzt sich in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Augsburg dafür ein, die offenen und abwechslungsreichen Wiesenauen in ihrer Artenvielfalt und ihrem landschaftlichen Reiz zu bewahren und zu entwickeln.

Ziele des Biodiversitätsprojekts:

Erhalt und Entwicklung arten- und kräuterreicher Wiesen durch angepasste, extensive Nutzung (düngerfreie Mahdnutzung, Mähzeitpunkte ab 15.06., oder ab 01.07)

Erhalt der strukturreichen, offenen, grünlandgeprägten Überschwemmungsaue

Erhalt, Entwicklung und Vernetzung der Lebensräume der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge durch Flächensicherung, Extensivierung, Anpassung der Mahdtermine und Aufbau eines Biotopverbunds entlang der Gräben (Saumstreifen).

 

Maßnahmen des Biodiversitätsprojekts:

Landschaftspflegemaßnahmen

Extensivierung durch staatliche Förderprogramme

Beratung von Landwirten

Aufwertung von öffentlichen Flächen

Flächenankauf

Öffentlichkeitsarbeit

Der Aspekt regelmäßige Hochwasser muss in die Planung aufgenommen werden

Hochwasser entsteht, wenn die Niederschlagsmenge die Aufnahmekapazität des Bodens übersteigt. Wasser fließt dann oberflächlich in Bäche und Flüsse ab, die in der Folge über die Ufer treten.
Die Aufnahmekapazität des Bodens hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Beschaffenheit der Boden (z.B. Sand-, Kalk-, oder Lehmböden, landwirtschaftliche Verdichtung durch schwere Gerätschaften, Steigung), aber auch die Pflanzendichte und Artenvielfalt sind entscheidend. Wurzeln nehmen Wasser auf, wobei unterschiedliche Pflanzen mehrere Bodenschichten erreichen. Die regelmäßigen Hochwasser prägen des Schmuttertal. Die wechselfeuchten Gebiete des mäandrierenden Flusses sind essentiell für die zu fördernden Arten.

Maßnahmen gegen Hochwasser

Die Gefahren eines Hochwassers können technisch entschärft, aber nicht verhindert werden. Bester Schutz vor der Naturgewalt Wasser sind vor allem natürliche Talauen, die vom Fluss ohne Schaden überflutet werden können (natürlicher Rückhalt = Retention). Dagegen fließt auf versiegelten Flächen – asphaltiert oder bebaut –das gesamte Wasser oberflächlich ins Gewässer ab und trägt somit unmittelbar zum Hochwasser bei. Besondere Gefahr besteht bei der Überlastung von Kanalisationen und Kläranlagen. Daher sollte Wasser wo immer möglich versickern dürfen (Wasserschule Schwaben). Dazu werden Hochwasserschutzpläne aufgestellt, die Ziele und Maßnahmen zur Reduktion von Hochwasserschäden beschreiben.

Die EU verlangt in der „Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken“ die Klärung folgender Fragen:

Wie soll in einem zusammenhängenden Flussgebiet mit dem Hochwasserrisiko umgegangen werden?

Was wollen die betroffenen Akteure, wie beispielsweise Gemeinden, Behörden oder das Straßenbauamt unternehmen, um das Risiko zu minimieren?

Welche Maßnahmen zur Risikominimierung, Schutz, Vorsorge und Nachsorge sind zielführend und umsetzbar?

Aufgrund der Überregionalität der Hochwasserereignisse werden die regionalen Informationen auf Regierungsebene koordiniert und in einem übergeordneten Hochwasserrisikomanagementplan eingearbeitet.

Texte: Daniel Wojciechowski

Das Umweltzentrum ist eine Einrichtung des Marktes Diedorf