Infotafel Biber

Der europäische Biber (Castor fiber)

Der Biber – Baumeister der Natur und Förderer der Artenvielfalt

Der Biber ist einer der wenigen Arten, die ihren Lebensraum aktiv gestalten. Kanalgrabungen verbinden Gewässer. Durch seine Dammbaukunst werden Bäche zu Seen, Wälder zu Auen oder Wiesen zu Sümpfen und Mooren. Gefällte Bäume werden zu Biotopen. Ihre Dämme reinigen die Flüsse und verändern deren Lauf und Struktur (LfU 2018). Dazu bieten sie Unterschlupf und Nahrung für verschiedenste Arten. Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Insekten, aber auch Säugertiere wie Fledermäuse profitieren direkt oder indirekt von der Anwesenheit des Bibers (Sommer et al. 2019). Damit ist der Biber als Schlüsselart einer der größten Förderer der Struktur- und Artenvielfalt und damit Unterstützer vieler Ziele der Wasserwirtschaft, wie das Auenprogramm. Die FFH-Richtlinie für das Schmuttertal fordert z.B. den Rückbau und Erhalt natürlicher Auenlandschaften – der Biber macht das gratis.

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Steckbrief

Der Biber (Steckbrief des LfU) gehört zu den Hörnchenverwandten (Sciuromorpha). Der weltweit zweitgrößte Nager kann bis zu 30 kg schwer und bis zu 130 cm lang werden. Der bis zu 40 cm lange, abgeflachte und beschuppte Schwanz dient zur Fortbewegung, aber auch als Fettspeicher. Mit Schwimmflossen an den Zehen der Hinterpfoten, aber auch durch ein wasserabweisendes Fell mit bis zu 23.000 Haaren/cm2 (im Vergleich: die Haardichte beim Menschen beträgt 600 Haare/cm2) ist der Biber gut an ein Leben im Wasser angepasst. Talgdrüsen in den Haarwurzeln fetten die Haare und tragen so zur Wasserabweisung und Thermoisolation bei. Das Bibergeil, ein Sekret aus dem großen Analdrüsenpaar (Castoreum) dient zur Kommunikation und der Reviermarkierung.

Der reine Vegetarier ernährt sich im Sommer v.a. von Kräutern, Gräsern und Wasserpflanzen. Im Winter fällt er Bäume mit seinen ständig nachwachsenden, mit orange-rotem Schmelz überzogenen Schneidezähnen. Er bevorzugt die Rinde und Äste von Weichhölzern wie Weiden und Pappeln, aber auch andere Bäume werden nicht verschmäht. Ein gefällter Baum dient als Nahrungsvorrat. Schwimmende Nahrungsvorräte (Nahrungsfloß), die auch tauchend vom Bau erreicht werden können, garantieren ein Überleben auch bei gefrorenen Gewässern.

Bauten

Neben den Dämmen sind Biber führ ihre Wohnungsbauten bekannt. Der Biberbau wird dabei meist in Uferanlagen gegraben. In Gewässern, bei denen die Ufer keine Grabungen zulassen, werden Biberburgen angelegt. Dabei werden Asthaufen zusammengetragen und Kammern eingenagt. Die Eingänge sind dabei stets unter Wasser. Die Wohnbauten werden gepflegt. Sie sind wichtige Orte für Sozialkontakte, dienen als Schlafplatz und sind die Kinderstube für den Nachwuchs. Die Jungen suchen sich meist im Alter von 2 Jahren ein eigenes Revier. Der Beginn der Wanderschaft ist vom Revierbesatz abhängig. Auf der Wanderschaft graben Biber in Sommermonaten Sassen, kleine Erdmulden, zum Ruhen verwenden. Neben den Wohnbauten werden auch Röhren und Fluchtbauten angelegt. Biber graben auch Verbindungskanäle zwischen Gewässern.

Das Revier wird meist mit weiteren Nagetieren (Nutria und Bisam) geteilt, deren Aktivitäten, wie z.B. Muschel- und Fischjagd, zu Unrecht dem Biber zugeschrieben werden.

Biberbauten erhöhen den Grundwasserspiegel – und die Artenvielfalt

Die Dämme des Bibers stauen das Wasser mit positiven Auswirkungen auf die Natur:

Der Grundwasserspiegel steigt, da das Wasser länger in einem Gebiet verbleibt und somit mehr Wasser versickert

flachwurzelnde Bäume kommen an mehr Wasser

Senken füllen sich mit Grundwasser und bieten Lebensraum, u.a. für verschiedene Amphibien und spezialisierte Pflanzen

in Ufernähe wachsen und leben Fechtwiesen- und Auenlandschaftsbewohner

in gestauten Seen finden u.a. der Seeotter Heimat

die Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit lässt mehr Insektenlarven Halt und Nahrung finden

Dämme filtern das Wasser. Oberhalb eines Dammes ist das Wasser sedimentreich, unterhalb eher klar. Daraus entstehen verschiedene Habitate, die von unterschiedlichen Arten bezogen werden.

Biberreviere zählen zu den artenreichsten Biotopen überhaupt. Aufgrund der Dynamik ihrer Prozesse sind sie dabei wesentlich nachhaltiger, als vom Menschen geschaffene Biotope.

Schutzbedürfnisse des Bibers

In den 1960ern galt der Biber in Deutschland bis auf eine kleine Population an der Mittelelbe als ausgestorben. Mittlerweile leben in Deutschland wieder über 40.000 Biber (Stand 2019, BUND). Seine Wiederansiedlung ist ein Beispiel für ein erfolgreiches Umweltschutzprogramm, das durch strengen Schutz der Tiere, deren Bauten und deren Lebensräumen gelingt. Gerade der Schutz der Lebensräume verlangt viel Aufwand. Das Habitat des Bibers ist auf einen 10-20 m breiten Uferstreifen entlang des Gewässers begrenzt. Zumeist waren diese Bereiche allerdings landwirtschaftlich genutzt. Bibermanagement und Biberberater helfen bei der Bewältigung der Interessenkonflikte. So können Bauern Ausgleichszahlungen beantragen. Weitere effektive Maßnahmen sind staatliche Landkäufe und Schutzprogramme. Heute ist der Biber in nahezu allen Gewässern wieder vertreten (LfU Verbreitung Biber in Bayern). An der Schmutter sind Dämme und Burgen von etwa 15 Familien bekannt, die regelmäßig von Biberbeauftragten kontrolliert werden. Dabei wird darauf geachtet, dass die Bauten unversehrt sind, aber auch dass diese nicht zu groß werden und die umliegenden Felder dauerhaft überfluten.

Natürliche Bedrohungen für den Biber

Natürliche Fressfeinde sind selten. Luchs und Wolf sind nahezu nicht vertreten, so dass ein adultes Tier keinen Fressfeind zu fürchten hat. Fuchs, Dachs, Marder, Adler, Uhu, Hecht und Waller können allerdings den Jungtieren gefährlich werden.

Eine weitaus größere Bedrohung ist plötzlich auftretendes, starkes Hochwasser, das unerfahrene Biber in ihren Bauten ertrinken lässt. Viele Individuen sterben in Folge von Revierkämpfen. Die Bisswunden entzünden sich häufig, wodurch es zu Infektionen kommt, die tödlich enden können.

Krankheiten sind ebenfalls für eine große Zahl an Todesfällen verantwortlich. Bakterien und Parasiten machen auch vor Bibern nicht halt. Kokkeninfektionen, Tuberkulose, Tularämie, Trichinellose oder Toxoplasmose sind nur einige Beispiele für Krankheitsbilder mit teils fatalem Ausgang.

Der Verlust des Lebensraums stellt immer eine Gefahr für eine Art dar. In Nordamerika sind Fälle beschrieben, in denen Wildtiere (Waipiti) die für den Biber notwendige Regeneration der Uferbewaldung durch Verbiss dramatisch reduziert und dadurch die lokale Population reguliert.

In einem intakten Ökosystem stellen sich Effekte zur Selbstregulierung ein. So wird die Waipiti-Population mit Abnahme der jungen Weidentriebe abnehmen, wodurch in der nächsten Saison wieder vermehrt Weiden austreiben können, was dem Biber wieder eine bessere Versorgung des Nachwuchses und damit eine Vermehrung erlaubt.

Exkurs: Neozoen und Neophyten

Saisonale Schwankungen in den Populationsgrößen sind natürliche Prozesse in gewachsenen Ökosystemen. Falls eine Art einen Selektionsvorteil durch veränderten Konkurrenzdruck bekommt, z.B. durch Einwanderung oder Aussterben, kann diese Art diesen Standort dominieren und einheimische Arten verdrängen. Bekannte besonders invasive Neozoen (neu eingewanderte Tiere) und Neophyten (neu eingewanderte Pflanzen) sind der Ochsenfrosch, der Waschbär, das drüsige Springkraut oder die Robinie.

Menschgemachte Veränderungen im Lebensraum sind die größte Bedrohung

Gentechnische Veränderungen wie Hybridisierung, Zucht, oder auch im Labor erzeugte gen-modifizierte Organismen beeinflussen ebenfalls ein Ökosystem nachhaltig. Monokulturen, in denen selektierende Herbizide eingesetzt werden, reduzieren die Artenvielfalt nehmen den Tieren die Ernährungsgrundlage. Dazu kommen mögliche Effekte der eingesetzten Chemikalien auf die Fauna, Flora und limnologische Systeme. Diese sind Gegenstand aktueller Forschung, z.B. des Julius-Kühn-Instituts. DDT ist ein mahnendes Beispiel der Auswirkungen von Insektiziden auf ein Ökosystem.

Deutlich sind auch die Effekte der Flussbegradigungen. Die Kanalisierung mit steinigen Uferbefestigungen verhindern Grabaktivitäten des Bibers. Die gesteigerte Fließgeschwindigkeit erschwert zudem das Ansiedeln. Das Fehlen eines Ufersaums mit typischem Baumbesatz nimmt dem Biber die Lebensgrundlage. Der Damm- und Burgbau wird verhindert, dazu fehlt das Winterfutter.

Eine Zerschneidung der Lebensräume ist ebenfalls eine große Bedrohung. Werden Habitate durch Straßenbau getrennt kommt es vermehrt zu Unfällen mit dem Autoverkehr. Im Extremfall werden einzelne Habitate von anderen komplett abgeschlossen, so dass es in der Folge zu einer genetischen Verarmung kommt.

Bedrohung Jagd: Vorurteile und Gegenargumente

Der Biber wurde lange nicht nur wegen seines Fells und Fleisches gejagt. Früher war man der Überzeugung, der Biber schade der Natur. Einige der Vorurteile sollen hier ausgeräumt werden:

Vorurteil 1 – Biberfraß schadet den Auenwäldern  
Biber fällen vor allem in den Wintermonaten Bäume, um deren Rinde und Blätter zu essen. Sie bevorzugen die wirtschaftlich uninteressanten Weiden, Erlen und Zitterpappeln. Deren hohe Regenerationskraft lässt die Stümpfe aufs Neue austreiben. Dadurch trägt der Biber sogar zur Waldverjüngung bei. Nebenbei: die Forstwirtschaft nimmt mehr als 100 x mehr Bäume pro Jahr als der Biber. Zusammen mit der fortschreitenden Oberflächenversiegelung ist der Mensch damit wesentlich stärker an strukturellen Veränderungen beteiligt, die dazu weniger nachhaltig sind, als die Eingriffe des Bibers.

Vorurteil 2: Es gibt eine Überpopulation an Bibern           
Die Angst vor Biberhorden, die Wälder und Felder leerfressen ist unbegründet. Biber leben in einem 10-20m breiten Uferstreifen entlang der Gewässer und sind dabei außerordentlich territorial. Die Nachkommen bleiben 1 Jahr bei ihren Eltern bevor sie sich ein neues Revier suchen. Dabei kommt es nicht selten zu tödlichen Kämpfen. So reguliert sich die Biberpolulation von selbst. Auf einem Abschnitt von etwa zwei Kilometern leben daher maximal ein Biberpaar mit den Nachkommen der aktuellen und der vorjährigen Generation.

Vorurteil 3: Biberdämme verhindern Fischwanderungen           
Obwohl Biberdämme streng geschützt sind, werden manche Dämme entnommen, da sie Fischwanderungen verhindern würden. Kemp et al (2011) verglichen dazu 104 Studien (95 aus Nordamerika, 9 aus Europa) und holten Meinungen von 49 unabhängigen Fachleuten ein. Der Einfluss des Bibers wurde dabei überwiegend als positiv herausgearbeitet. Belegt ist, dass die Biberaktivitäten die Fischvielfalt erhöhen. Durch eine erhöhte Heterogenität der Gewässer kommt es zu gesteigerter Artenvielfalt, größeren Populationen und größeren Individuen (Bund Naturschutz). Biberteiche stellen im Winter Überwinterungshabitate, in trockenen Sommern Refugialräume dar; durch Sedimentrückhalt werden die Laichbedingungen auch für Salmoniden positiv beeinflusst (Collen & Gibson 2000, Kemp et al 2011). Die Dämme sind für die meisten Fische passierbar – für Salmoniden ist diese Frage wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Jedoch laichten Lachse schon in Oberläufen von Flüssen, bevor der Mensch den Biber nahezu ausgerottet hat. Diese Überlegung sollte Beweis genug sein, dass Biber die Fischwanderungen nicht verhindern. Im Gegenteil: In den vom Biber angestauten Seen finden Fische Ruhezonen auf Ihrer erschöpfenden Reise gegen den Strom zum Oberlauf.

Vorurteil 4: Biber erhöhen das Hochwasserrisiko 
Auch hier gilt das Gegenteil. Biber reduzieren die Fließgeschwindigkeit vom Oberlauf bis zur Mündung. In einem Gebiet ohne Biberdamm fließt ankommendes Wasser in 3-4 Stunden wieder ab. In einem Gebiet mit Biberdamm wird ankommendes Wasser bis zu 19 Tagen gehalten. Dadurch kann mehr Wasser versickern (Grundwasserspiegel steigt) oder verdunsten, wodurch Hochwasserspitzen geglättet werden. Zudem hält das gestaute Wasser die Umgebung in trockenen Monaten lebendig.

Bibermanagement: Konfliktpotentiale erkennen und beheben

Überall dort wo die Interessen der Landbesitzer oder Anrainer auf die gestalterische Kraft des Bibers treffen ist Streit vorprogrammiert: Investoren fürchten die Neubewertung ihrer Flächen. Anwohner fürchten Überschwemmungen und die damit verbundenen Kosten. Bauern fürchten nicht nur die Überschwemmung der Wiesen, den Teilverlust ihrer Ernte durch Biberfraß oder die Reduktion der bewirtschaftbaren Ackerfläche durch die Renaturierung der Ufersäume. Durch Bibertätigkeiten können auch Abschnitte eines Ackers untergraben werden, wodurch schwere Maschinen einsinken und beschädigt werden können. Auch in Fischzuchten kann der Biber großen Schaden für den Betreiber anrichten. Weitere Konflikte sind denkbar.

Um die verschiedenen Interessenlagen zu erfassen und zur Erarbeitung von zufriedenstellenden Lösungen werden von den Landratsämtern Bibermanager und Biberbeauftragte eingesetzt. Diese sollen informieren, aber auch vermitteln. Oftmals sind Anwohner oder Bauern zufrieden, wenn sie erfahren, dass der Wasserpegel regelmäßig (meist mehrmals in der Woche) überprüft wird und Biberbeauftragte dafür sorgen, dass durch Abtragen der Dammkrone der Wasserstand für den Biber UND die Interessierten akzeptabel ist. Dennoch bleibt der Anstieg des Grundwasserspiegels durch den Biber, was sowohl den Acker des Bauern, als auch den Garten der Anwohner freut. Manchmal ist dennoch das Entfernen eines Dammes nötig, z.B. an Straßen oder Kläranlagen. Da der Biber und dessen Bauten besonders geschützt sind, dürfen solche Maßnahmen ausschließlich von den dafür zuständigen Behörden veranlasst werden.  
Das Bibermanagement setzt auch auf Information. So wird beispielsweise vermittelt, dass gefällte Bäume liegen gelassen werden sollten, damit der Biber nicht weitere Bäume fällt. Ein Abtransport der gefällten Bäume nimmt dem Biber die Nahrung, worauf er den nächsten Baum fällen wird.      
Es kann auch gezeigt werden, dass die Hochwasserereignisse ohne den Biber dramatischer und damit die Kosten erheblicher sind. Dies gilt insbesondere für die Bauern und Anwohner der angrenzenden Flächen. Die Anwesenheit des Bibers vergrößert die überschwemmbare Fläche. Durch die Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit wird gerade bei Hochwasser weniger Land abgerissen. Durch die Mäander stellt sich auch eine Verteilung der Wassermassen auf ein größeres Gebiet ein. Es kommt zu flächigeren, moderaten Überschwemmungen, die das Land fruchtbarer machen, anstelle von lokalen vernichtenden Überschwemmungen.

Um dem Biber den benötigten Raum wieder zur Verfügung zu stellen gibt es Bestrebungen zu Landkäufen durch das Land oder die Gemeinden. Sofern das nicht möglich ist sollen für gewerblich genutzte Flächen Ausgleichszahlungen für Nicht-Bewirtschaftung oder entstandene Schäden die Wogen glätten.

Fazit:

Ein Miteinander Biber-Mensch ist verlustfrei möglich. Die Vorteile überwiegen: Artenvielfalt, Strukturvielfalt und ein erhöhter Grundwasserspiegel sind überzeugende Argumente um die Gegner des Bibers zu überzeugen. Die Gemeinden gewinnen durch die Rückkehr des Bibers und dessen Landschaftsgestaltung wertvolle Naherholungsgebiete, die für naturnahe Freizeitgestaltungen (z.B. Angebote der Gemeinde Gessertshausen) genützt werden können. Die Bauern erhalten fruchtbarere Äcker, auch durch den gestiegenen Grundwasserspiegel. Ziel des Bibermanagements ist es alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und eine vernünftige Lösung für das jeweilige Problem zu finden.

Texte: Daniel Wojciechowski

Das Umweltzentrum ist eine Einrichtung des Marktes Diedorf